Berlin-Briefmarken
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Frage:
26.10.2012
Frage: Hallo allerseits,
die Diskussion nimmt ja richtig Fahrt auf! Und damit sie nicht gleich wieder beendet ist, weil alle der gleichen Meinung sind, vertrete ich hier einige konträre Positionen.
Zunächst einmal: Wer entscheidet denn, was sammelwürdig ist und was nicht? Sie, ich, oder die Mehrheitsmeinung der Sammler? Abgesehen mal von schadhaften Marken mit objektiven Mängeln, die nun wirklich nicht sammelwürdig sind, ist doch wohl DAS sammelwürdig, was der einzelne dafür erachtet. Ich persönlich halte z.B. die bunten Bildchenmarken aus Übersee für nicht sammelwürdig, aber andere Sammler sehen das vielleicht ganz anders.
Von daher finde ich es problematisch, grundsätzlich bestimmte Bereiche oder Teile der real existierenden Philatelie vorab für \"nicht sammelwürdig\" zu erklären. Einschub: Soeben lese ich von der möglichen Zwischenstufe \"sammelfähig\", darüber kann man mal zumindest nachdenken...

Was nun die KBWZ angeht: Sie wurden zu keinem Zeitpunkt speziell für Sammler hergestellt. Was hingegen wirklich für die Sammler hergestellt wurde, sind die maschinell bogenweise entwerteten Marken, also meist Marken aus der Bogenmitte, auch Seitenrandmarken sowie exakt die vier Eckrandmarken. Eine einzige trägt dabei den KBWZ als administrativ bedingte Wertkorrektur. Der KBWZ ist nicht Ziel und Zweck der Post gewesen, den Sammlern das Geld aus der Tasche zu ziehen (tatsächlich haben wohl die Eckrandstücke - und zwar alle vier, egal ob mit oder ohne KBWZ- bei den Versandstellen einen geringen Aufpreis gegenüber dem Nominalwert der Marke gekostet, aber da bin ich nicht ganz sicher), sondern eine notwendige Maßnahme zu internen Abrechnungszwecken. Hätte die Post bewußt (teure) Sammler-Objekte schaffen wollen, hätte sie ja z.B. sämtliche Randmarken mit irgendwas Sinnlosem bedrucken können, nur um \"Besonderheiten\" zu schaffen. Das ist definitiv aber nicht der Fall.
Wenn Sie also den anderen Bogenrandzudrucken (FN, BZ, DZ usw.), aber auch den Leerfeldern bei Rollenmarken einen \"drucktechnisch oder administrativ bedingten/ notwendigen\" Charakter zubilligen, muß das für KBWZ eben auch gelten. Das Sammelgebiet KBWZ ist übrigens auch erst spät und eher langsam ins Bewußtsein der Sammler geraten, einfach weil es kein Sammlerprodukt wie z.B. FDC oder ETB ist, sondern erst nach und nach durch Handeln und Tauschen der Sammler untereinander bekannt wurde. Ich schätze, daß irgendwann (vielleicht ab Mitte der 80er Jahre, der erste Schwarz-Katalog KBWZ stammt jedenfalls von 1984) der KBWZ zur \"Mode\" wurde und immer weniger Sammler die normalen, langweilig gestempelten Bogenmarken wollten - vielleicht trug dies in der Konsequenz sogar mit zum Ende der Großbögen und zur Einführung der Zehnerbogen bei, und damit zum Ende der KBWZ - das ist aber reine Spekulation meinerseits.
Ich selbst bin überhaupt erst vor ca. 10 Jahren durch den Formnummern-Katalog von G. Schwarz auf die KBWZ aufmerksam geworden...
Was ich bei den KBWZ aber zugestehen muß, ist die Tatsache, daß es auf diesen Berlinmarken nur Stempel Frankfurt (und später Weiden) gibt - ok, dann eben keine Berlin-Stempel. Qualitativ darf man hier nicht von \"gestempelt\" ausgehen, 1.Wahl ist nur einwandfreie Gummierung und ungeknickte Perforation - eben genauso wie aus dem Bogen getrennt. Alles andere wäre II.Wahl und damit nicht sammelwürdig.

Was nun den \"Abfall\" angeht: Es ist natürlich schön, wenn man diesen kostenlos bekommt um die Sammlung aufzulockern (dieses Glück hatte ich nicht...) - ich beziehe mich hier auf Ihre Banderolen und V-Teller. Diese haben aber, obwohl nur Verpackungspapierchen, einen Sammlerwert, sie werden katalogisiert und gehandelt genauso wie die Rollenmarken, zu deren Verpackung sie lediglich geschaffen wurden (und zu sonst gar nichts). Manche dieser Abfälle bringen gerne mal über €300,- bei ebay, wie wir gesehen haben. Diesen Abfall stellen Sie in seiner Sammelwürdigkeit und -wertigkeit überhaupt nicht in Frage - warum dann den Abfall \"Andreaskreuze\"?

Mir liegt es fern, einen Kreuzzug für die KBWZ/Andreaskreuze zu führen - es wird ja niemand gezwungen diese zu sammeln. Warum allerdings das eine sammelwürdig ist und das andere nicht, erschließt sich mir aus der bisherigen Argumentation noch nicht.

Noch ein Beispiel für \"Manipulation\":
Sie kennen sicher die sogenannte \"Wohlfahrtszähnung\" (eigentlich eine falsche Bezeichnung für absichtlich entfernte Zähnungsnadeln)? Diese Maßnahme der Post/ Bundesdruckerei war ja ebenfalls administrativ bedingt, um Preisbrecher unter den Wohlfahrtsverbänden auszumachen - es waren keine für Sammler hergestellten Marken und sie erzielen bei Auktionen, weil selten und sehr gesucht, teils unglaubliche Preise, die weit über denen eines normalen Ober-, Unter- oder Eckrandstückes liegen. Bei Berlin gibt es nur 7 Michelnummern mit Wofa-Z., die in ihrem Variantenreichtum ohne weiteres ein ganzes Album füllen können. Sammelwürdig oder nicht?

Freue mich auf die Fortsetzung der Diskussion. Beste Grüße

Ingo Luis





Antwort:
Hallo Herr Luis, da widerspreche ich nicht, jeder soll prinzipiell das sammeln was er will. Und das wird getan. Es werden die Bildchen, die übrigens die gleichen Chancen bieten, wie die unseren, gleich woher und defekte, gar derb defekte, nicht prüfbar gestempelte und massenhaft für sie Hergestelltes gesammelt. Das alles ist Philatelie, hat aber mit Briefmarkensammeln überwiegend nur peripher zu tun. Briefmarkensammeln bezieht sich ausschließlich auf von der Post zum Zwecke der Erfüllung ihrer ursprünglichen Aufgaben Verausgabtem – und dazu zählt auf keinen Fall eine Gewinnoptimierung zu Lasten der Sammler, die auch Manipulationen Tür und Tor öffnen würden. Ich neige also dazu, die Philatelie als etwas zu sehen, das alles diesbezügliche umfaßt, in dem das Briefmarkensammeln der klassische Teil ist, das Q1-Sammeln das Erfolg bringende sich Abnabeln von Manipulation.

Meine Bemühungen haben mit Vorschriften oder gar Verboten überhaupt nichts zu tun. Jeder soll das tun, was er für richtig hält. Ich schreibe jedoch für die, die sich betrogen fühlen, eventuell nicht mal bemerken, daß das so ist und das ist heute der Normalfall. Was ich erreichen möchte ist, daß Briefmarken gesammelt werden, die auch wiederverkäuflich sind. Da steckt in keinem Bereich der Versuch, eigene Vorteile zu erreichen – zumindest nicht wissentlich und auf keinen Fall zum Nachteil anderer.

Und um das zu erreichen braucht es klare Abgrenzungen, also Spielregeln, die wiederum erstaunlich einfach sind:

1. höchste Qualität und
2. nichts speziell für Sammler Hergestelltes.

Lassen Sie mich, damit das nicht ausufert, einfach gezielt auf Ihre Beispiele eingehen.

Die Post entwertet nicht aus Lust und Dollerei ihre mit großem Aufwand gedruckten Wertzeichen. Die wären, wenn dies so geschehen würde, einfach nur wertlos. Nein, auch die Eckmarken mit Vollstempel der (nicht sammelwürdigen) Versandstellen, die teil- und zeitweise mit KBWZ versehen wurden, wurden mit Aufpreis speziell für Sammler hergestellt. Daß dies in Berlin nicht möglich war, hing mit dort fehlenden technischen Möglichkeiten zusammen, ergo wurden dort die Einzelmarken mit „Berlin-12“ vollgestempelt. Also gleiche Ursache, leicht unterschiedliche Lösungen. Damit ist die Sammelwürdigkeit auf keinen Fall gegeben.

Die Post hatte hier nicht die Absicht, Gewinne zu optimieren, war sich bei diesen KBWZ damals auch gar nicht über den bei Sammlern erzielten Effekt im klaren.

Zwar nicht sammelwürdig, sind diese KBWZ jedoch eine relativ seltene Spezies von für Sammler Hergestelltem. Das ließ, dank Ihrer Diskussion, die Frage aufkommen, ob es nicht sinnvoll wäre, wahrscheinlich auch noch für das eine oder andere Grenzgebiet, einen Bereich zwischen „sammelwürdig“ und „nicht sammelwürdig“ zu schaffen. Das Ergebnis ist „sammelfähig“, das ich auch im Handbuch besprechen werde. Einig sind wir uns wahrscheinlich darüber, daß solch „Sammelfähiges“ eher von fortgeschrittenen Sammlern gesucht und gepflegt wird.

Übrigens spricht Ihre Feststellung, daß KBWZ (also gestempelt!) nur mit einwandfreier Gummierung gesammelt würden, belegt auch einwandfrei, daß sie nie einen postalischen Zweck erfüllten bzw. erfüllen konnten – es gibt also (logischerweise) keine Briefe mit solcher Frankatur.

Die Andreaskreuze dagegen haben auch in dieser Klasse, ja in keiner Klasse, etwas zu suchen. Die sind und bleiben Druckabfall, der unrechtmäßig in die Philatelie gelangte. Herr Klemann hat die rechtliche Situation gut dargestellt.

Daß Herr Schwarz die KBWZ untersucht und in sein Werk aufgenommen hat ist lobenswert, aber sicher nichts, was dafür spräche. Hier halte ich mich an einen wenigstens im Bereich unrechtmäßiger philatelistischer Erscheinungen konsequenten Michel.

Sammelwürdig. Die für die Überwachung des Drucks notwendigen Bogenrandkennzeichnungen haben, das steht wohl eindeutig fest, mit uns Sammlern überhaupt nichts zu tun. Da war seitens der Post auch nicht andeutungsweise Kommerz zu erkennen. Die wanderten, wenn sie nicht per Zufall oder auf Anforderung der Sammler in deren Hände gelangten, schlicht zu dessen Bereicherung in den Papierkorb.

Sammelwürdig. Die Wohlfahrtszähnung hatte ebenso wenig mit uns Sammlern zu tun. Hier hat die Post lediglich die „schwindelnden“ Wohlfahrtsverbande trickreich aufs Kreuz gelegt.

Keine Klassifizierung. Und genau so verhielt und verhält es sich mit Verpackungsmaterial. Das ist nicht für uns Sammler hergestellt, wird von der Post nicht verkauft – und von mir auch nicht zum „Briefmarkensammeln“ gezählt, hat also auch nichts mit „Sammelwürdigkeit“ zu tun. Daß unter uns Sammlern dafür jedoch auch noch etwas bezahlt wird, ist einfach nur toll.

Mit winterlichen Grüßen
Günther Köpfer