Berlin-Briefmarken
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Frage:
04.12.2012
Guten Tag Herr Köpfer,
jetz muss ich mich, als stiller Beobachter ihrer Seite, doch einmal melden. Da ich zwar Berlin als Sammelgebiet habe, aber mein Schwerpunkt bei Briefen liegt, tendiert mich die Q1-Thematik nur am Rande. Drei Punkte wollte ich doch einmal ansprechen.

Der erste Punkt betrifft die Gummierung von gestempelten Marken, den sie neu in ihrem Handbuch aufgenommen haben. Ich würde die Gummierung bei gestempelten, hochwertigen Q1-Marken nicht entfernen! Gerade die Ausgaben der frühen Jahre z.B. mit Stempeln von Berlin-Charlottenburg 2 haben dadurch einen erhöhten Wert. Das sind zwar philatelistisch beeinflusste Stempel, diese werden aber intensiv gesucht und entsprechen meiner Meinung ihrer Q1-Charakteristik. Da ist die Bemerkung der originalen Gummierung definitiv werterhöhend.

Die zweite Anmerkung gilt den Prüfungen mit Befund oder gar Attest. Aus heutiger Sicht ist ein Befund kein Aufwand mehr für einen Prüfer. Weshalb sollte eine Marke mit einem Prüfstempel versehen werden, der über Jahrzehnte vieleicht von mehrerern Prüfern wiederholt aufgesetzt wird. Negative Beispiele gibt es da genügend von Altdeutschland. Ich denke, dass Prüfzeichen, zumindest auf postfrischen Marken, in Zukunft auch bei gestempelten Marken wertmindern sein können, und ihrer Q1-Charakteristik zukünftig entgegensprechen könnte. Das klingt zwar nach Kniespalterei, aber wenn die Sammlerschaft weniger wird, wird sich der Qualitätsanspruch der anspruchsvollen Sammler erhöhen. Und Befunde lassen sich in einer Schachtel sehr gut aufbewahren. Das macht allerdings nur für höherwertige zu prüfende und absolute Q1-Marken Sinn.

Zum Schluss möchte ich noch anmerken, dass gestempelte, einwandfrei geprüfte Marken nicht unbedingt Q1-Marken nach ihrer Definition sein müssen. Auch das sollten sie ggf. einmal beschreiben. Es gibt über "einwandfrei", also tiefst geprüft hinaus noch deutliche Qualitätssteigerungen.

Gruß von einem faszienierten Berlin-Sammler
Antwort:
Die Briefmarkensammler werden seit vielen Jahrzehnten „über den Tisch gezogen“.
Um die (oft sogar kriminellen) Auswüchse zu beseitigen, ist es notwendig, sich als Sammler auf das Ursprüngliche, das Originale zu beschränken – und das sind u.a. die Dinge, die von der Post zur Erfüllung ihrer ureigensten Aufgaben geschaffen werden.

Dazu gehört eine Gummierung auf „gebrauchten“ Briefmarken nicht. Wenn sich eine Gruppe Sammler gebildet hat, die gerade solche Qualitäten goutiert, ist dem nicht zu widersprechen, obwohl ich gerade diese Gummierung gestempelter Marken nicht als Q1-Merkmal ansehen würde; es ist eine für den Sammler unschädliche Spielart.

Ich werde das Stichwort im Handbuch insofern relativieren.

Ihr zweiter Punkt, „Prüfungen“ und „Prüfbestätigungen“ wird immer unterschiedliche Auffassungen produzieren, obwohl sich das meiste von selbst einordnet.

Dabei sprechen Sie auch eine „schwindende“ Zahl von Sammlern an. Biologisch gesehen ist das unwidersprochen, da werden sich erdrutschartige Veränderungen ergeben. Ich habe einen Vortrag vor einem heimischen Verein gehalten, ca. 40 Sammler waren anwesend: ein Jugendlicher, einer um die 40, der Rest, wohlwollend, über 65. Wie gesagt, biologisch und durch die Art, wie hier das Briefmarkensammeln propagiert wird, wird es eines Tages „blubb“ machen und nichts ist übrig.

Nur, das sind keine Q1-Sammler, da wird gesammelt wie in den letzten 55 oder 60 Jahren. Q1 Sammler sind nach meinen Erfahrungen sehr viele junge, jüngere und auch geistig jung gebliebene gesetztere Menschen. Wie ich an anderer Stelle beschrieben habe, kann die Nachfrage nach „sammelwürdigen“ Briefmarken nur schwer befriedigt werden, die nach Q1, besonders in der von Ihnen angesprochenen und auch von mir an mehreren Stellen abgehandelten Spitzenqualität aber überhaupt nicht.

Andererseits wird in der Philatelie betrogen und manipuliert was das Zeug hält. Ohne Prüfung geht also gar nichts. Und nun gebe ich Ihnen auch hier recht, bedingt. Wenn ich einen ungeprüften Satz, sagen wir mal, Rotaufdruck, zentrisch „Berlin-Charlottenburg“-gestempelt kaufen könnte, dann bin ich einmal äußerst mißtrauisch (so was gibt es wohl nicht mehr), kaufe ihn nur unter Prüfvorbehalt und lasse ihn sofort prüfen – mit der Bitte um ein Attest. Logisch. Jetzt sind aber dort zwei Werte dabei, deren Stempel falsch ist. Was dann?

Der Sammleralltag jedoch ist, wenn ich nicht total daneben liege, ein anderer. Ich besitze diesen Satz, bis auf die 10 und die 30 Pfennig (warum finde ich die eigentlich nicht?) zentrisch von den verschiedensten Berliner Postämtern gestempelt und tiefstgeprüft – und in vielen Jahren zusammengetragen. Hätte ich die einzelnen Werte ungeprüft erstehen sollen und dann nach 10 Jahren als gesammeltes Werk zu den Schlegels zur Prüfung per Attest geben? Ich garantiere, das mindestens 25 % als „falsch“ deklariert und somit nicht mehr reklamierbar zurück gekommen wären. Möchte ich diesen Satz heute verkaufen, diese Möglichkeit wird wahrscheinlich kaum bedacht, muß der Satz nicht mit einem weiteren Prüfzeichen versehen werden – es kann nun auch ein „Befund“ oder ein „Attest“ erstellt werden.

Wo es paßt also Befund oder Attest, wo nicht, Prüfzeichen - und dabei bleiben die Spitzenqualitäten nach meinen Beobachtungen so knapp, daß eine Bestätigung der Echtheit mittels Stempel, bezogen auf Q1, sich nie negativ auf den Wert auswirken wird.

Ihren letzten Punkt hatte ich schon angesprochen. Die Philatelie teilt sich heute in zwei Lager. Da sind einmal die Vereine, die durch einen Verband, der mit ihnen gar nichts am Hut hat, der nur ihre Beiträge und Spenden von denen einsammelt, die er an sich im Zaume halten sollte, auf einem, sagen wir mal, indiskutablen Niveau gehalten werden. Im anderen, einem stark wachsenden Lager sind kritische, selbst- und logisch denkende Sammler zu finden, die die Wurzeln des Briefmarkensammelns suchen – und finden. Hier spielt die Qualität, die beim Einzelnen oft erst noch genau definiert werden muß, die entscheidende Rolle. Ich denke, daß viele zwischenzeitlich darüber informiert sind, daß einerseits höher geprüftes nicht sammelwürdig, andererseits tiefstgeprüftes oft erst der Beginn des Sammelwürdigen ist und seine höchste Erfüllung z.B. durch den absolut zentrisch und zart aufgesetzten Stempel oder als Randstück mit Dz, FN oder anderem findet.

Nicht zuletzt las ich, daß Sie stiller Beobachter, Berlinbriefe- und faszinierter Berlinsammler sind. Sind Sie damit zufrieden? Könnten Sie sich nicht vorstellen, über Ihre ganz persönliche Art zu sammeln, zu schreiben, andere dafür zu begeistern? Ich biete Ihnen diese Möglichkeit über den Q1-Club. Werden Sie ohne irgendwelche Verpflichtungen Mitglied (Anmeldung mit Namen, der nur der Identifikation dient, jedoch nirgends auftaucht) und schreiben dann unter Ihrem Nickname und „Sammlungen“ über Ihr ganz persönliches Hobby – und können in „Traumbilder“ Ihre schönsten Belege zeigen.

Mit besten Sammlergrüßen

Günther Köpfer